Die vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung ist ein Begriff aus dem Recht der Versicherungen, vor allem der Berufsunfähigkeitsversicherung.
Verletzt man die vorvertragliche Anzeigepflicht, kann dies im späteren Verlauf dazu führen, dass die Versicherung im Leistungsfall die Versicherungsleistung verweigert.
Doch was bedeutet überhaupt eine vorvertragliche Anzeigepflicht?
Die Experten der Kanzlei OK Rechtsanwälte Ostheim & Klaus sind auf den Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung spezialisiert und informieren in diesem Beitrag über die vorvertragliche Anzeigepflicht, deren Verletzung und drohende Folgen für den Versicherten.
Bei einigen Versicherungsarten muss man den Versicherer vor dem Abschluss der jeweiligen Versicherung über eventuelle Gefahrumstände und Risikofaktoren informieren. Hierzu stellt der Versicherer meist Fragen oder holt Informationen ein. Solche Fragen und Informationen dienen dem Versicherer dazu, das Risiko abzuschätzen, ob der Versicherungsfall wahrscheinlich eintreten wird oder nicht bzw. ob es hierfür eine gesteigerte Gefahr gibt.
Auf die Fragen, die der Versicherer in schriftlicher Form stellen muss, hat der Versicherte wahrheitsgemäß zu antworten. Diese gesetzliche Pflicht findet sich in § 19 Abs. 1 VVG – kurz für Versicherungsvertragsgesetz.
Die Pflicht, die Fragen korrekt und wahrheitsgemäß zu beantworten, bezeichnet man als vorvertragliche Anzeigepflicht.
Bei der privaten Unfallversicherung möchten die Versicherer beispielsweise wissen, ob der zukünftige Versicherungsnehmer Extremsportarten betreibt. Da bei solchen Extremsportarten die Gefahr für Unfälle sehr hoch ist, ist für die Versicherung das Risiko sehr hoch, dass der Versicherungsfall eintreten wird. Deshalb werden solche Hobbies meistens dazu führen, dass der Versicherer die Versicherung ablehnt oder die Höhe der Beiträge anpasst.
Ähnliches gilt auch bei der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung. Hier stellt der Versicherer im Vorfeld meist Gesundheitsfragen. Diese Gesundheitsfragen muss man wahrheitsgemäß beantworten. Darüber hinaus werden auch Informationen über Erkrankungen (bspw. Herz-Kreislauf-Beschwerden oder Krebs) und Arztbesuche der letzten 3 oder 5 Jahre abgefragt.
War der Versicherungsnehmer z.B. in den letzten 3 oder 5 Jahren vor dem Abschluss der Versicherung mehrfach wegen Bandscheibenvorfällen in Behandlung, kann dies dazu führen, dass eine Berufsunfähigkeit wegen der Bandscheibenvorfälle in Zukunft eintreten wird.
Durch die wahrheitsgemäße Beantwortung der Gesundheitsfragen kann der Versicherer somit abschätzen, ob er die Versicherung eingeht oder die Höhe der Beiträge entsprechend anpasst. Bei den sog. Risikoausschlüssen geht der Versicherer den Vertrag zwar ein, aber bestimmte Risiken werden für den Leistungsfall ausgeschlossen.
Wurde der Vertrag einer BU mit dem Versicherer geschlossen, erfolgt erst einmal keine Prüfung, ob die Gesundheitsfragen richtig und wahrheitsgemäß beantwortet worden sind. Wenn es aber zu einem Versicherungsfall kommt, muss der Versicherte Unterlagen zu seinem Gesundheitszustand und einer möglichen Berufsunfähigkeit einreichen.
Im Leistungsfall prüft die Versicherungsgesellschaft erst, ob die Gesundheitsfragen korrekt beantwortet worden sind. Durch die Einreichung von medizinischen Unterlagen kann z.B. geprüft werden, ob die Gesundheitsfragen falsch beantwortet worden sind. Die Versicherung kann auch von behandelnden Ärzten oder der Krankenversicherung weitere Unterlagen anfordern.
Hat man die Gesundheitsfragen falsch, nicht vollständig oder nicht korrekt beantwortet, liegt die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht gem. § 19 Abs. 1 VVG vor. Dies bleibt für die Versicherten meist nicht folgenlos. Je nach dem Verschuldensgrad, also ob die Fragen absichtlich falsch beantwortet worden sind oder z.B. nur mit einfacher Fahrlässigkeit, sind unterschiedliche rechtliche Folgen möglich.
Mögliche Folgen sind die Anfechtung, der Rücktritt, die Kündigung oder die Vertragsanpassung:
Bei einer arglistigen Verletzung der Anzeigepflicht kann der Versicherer den Versicherungsvertrag anfechten. Bei der Arglist muss der Versicherte die Fragen zum einen absichtlich falsch beantwortet haben. Zum anderen muss er wissen, dass er mit der Falschbeantwortung auf den Versicherer Einfluss nimmt, da dieser bei Kenntnis der Falschbeantwortung den Vertrag nicht angenommen hätte.
Durch die arglistige Täuschung hat der Versicherer den Vertrag zwar angenommen, dies war durch die Falschbeantwortung aber vom Versicherten so bewusst herbeigeführt.
Bei einer wirksamen Anfechtung, wird der Vertrag so behandelt, als hätte er nie bestanden. Die Versicherung muss nicht leisten und muss die Versicherungsprämien nicht zurückzahlen.
Bei einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Falschbeantwortung der Gesundheitsfragen und Verletzung der Anzeigepflicht kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten. Hätte der Versicherer aber auch bei Kenntnis der Umstände bzw. bei Kenntnis der falsch beantworteten Gesundheitsfragen den Vertrag angenommen, ggf. zu anderen Konditionen, kann er nicht zurücktreten.
Der Rücktritt führt dazu, dass dem Versicherer nur die Prämien bleiben, die er bis zum Wirksamwerden der Rücktrittserklärung bekommen hat. Leistungen aufgrund Berufsunfähigkeit muss der Versicherer trotzdem leisten, wenn die Falschbeantwortung der Gesundheitsfragen nicht ursächlich für die BU-Leistung war. D.h., wenn eine andere Erkrankung die Berufsunfähigkeit auslöst.
Bei der grob fahrlässigen Falschbeantwortung geht dem Rücktritt die Vertragsanpassung vor.
Hat der Versicherte die Gesundheitsfragen nur mit einfacherer Fahrlässigkeit oder sogar schuldlos falsch beantwortet, kann der Versicherer lediglich kündigen oder eine Vertragsanpassung durchführen.
Bei der Kündigung wird der Vertrag einen Monat nach Zugang der Kündigung beendet und er enthält nur die anteiligen Beiträge. Für bereits eingetretene Versicherungsfällen muss der Versicherer weiterhin leisten.
Bei Fahrlässigkeit (grobe und einfache) sowie schuldloser Falschbeantwortung kann der Versicherer auch nur den Vertrag anpassen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der falsch beantworteten Fragen geschlossen hätte. Dies kann z.B. darüber geschehen, dass bestimmte Risiken ausgeschlossen werden oder die Versicherungsbeiträge erhöht werden.
Bei Fahrlässigkeit werden neue Vertragsbedingungen rückwirkend, bei schuldloser Anzeigepflichtverletzung ab sofort Teil des Vertrages. Dem Versicherungsnehmer steht bei der Vertragsanpassung ein Sonderkündigungsrecht zu.
Die Rechtsfolgen der vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung kann der Versicherer nur 5 bzw. 10 Jahre nach Vertragsschluss geltend machen. Bei einer vorsätzlichen, grob fahrlässigen, einfach fahrlässigen oder schuldlosen vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung können die Rechtsfolgen nur 5 Jahre nach Vertragsschluss geltend gemacht werden.
Bei der arglistigen vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung, die den Versicherer zur Anfechtung berechtigt, liegt die Verjährungsfrist bei 10 Jahren.
Hätte der Versicherer auch bei Kenntnis der Umstände der falsch beantworteten Gesundheitsfragen den Vertrag abgeschlossen und lag keine vorsätzliche vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung vor, kann der Versicherer den Vertrag nicht kündigen, sondern nur eine Vertragsanpassung durchführen.
War die vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung nur vorsätzlich und nicht arglistig, kann der Versicherer bis zu 5 Jahre nach Vertragsschluss vom Vertrag zurücktreten. Hat der Versicherte bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen aber arglistig gehandelt, kann der Versicherer noch bis zu 10 Jahre nach Vertragsschluss den Vertrag anfechten.
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