Zu den größten finanziellen und beruflichen Risiken gehört die Berufsunfähigkeit eines Piloten durch die Flugdienstuntauglichkeit. Auch Kabinenpersonal kann von einer Berufsunfähigkeit in Folge der Flugdienstuntauglichkeit betroffen sein. Doch decken herkömmliche Berufsunfähigkeitsversicherungen die Flugdienstuntauglichkeit von Piloten oder Kabinenpersonal überhaupt ab?
Jeder vierte Pilot wird fluguntauglich. Wer durch das Medical fällt, verliert Tauglichkeitsklasse und Fluglizenz. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) oder pilotentypische Loss-of-Licence-Versicherung wird zur wichtigsten Versicherung überhaupt, um die finanziellen Wirkungen des Lizenzverlustes abfedern zu können. Ansonsten riskiert man Versorgungslücken und einen Verfall des Lebensstandards.
Die Experten der Kanzlei OK Rechtsanwälte Ostheim & Klaus sind auf den Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung spezialisiert und informieren in diesem Beitrag "Berufsunfähigkeit Pilot durch Flugdienstuntauglichkeit" über die Besonderheiten der Berufsunfähigkeitsversicherung für Piloten bei Flugdienstuntauglichkeit.
Rechtsanwalt Klaus kommt aus einer Airlinerfamilie und war selbst während des Studiums in verschiedenen Stationen bei einer Airline tätig. Seine Eltern waren beide über 40 Jahre bei der größten deutschen Fluglinie beschäftigt. Spezielle Begriffe und Probleme dieser Branche sind demnach geläufig, was den entscheidenden Wissensvorsprung gegenüber dem Versicherer bringen kann.
Inhalt:
- Was bedeutet Loss-of-Licence?
- Was bedeutet ein Lizenzverlust für die BU Versicherung?
- Was führt zur Fluguntauglichkeit?
- Was wird bei einer fliegerärztlichen Untersuchung untersucht?
- Was sollten Piloten bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung beachten?
Was bedeutet Loss-of-Licence?
Bei Piloten kann man zwischen dem Verlust der Fluglizenz und dem Verlust der Flugtauglichkeit unterscheiden.
Ergibt das Medical bei einem Piloten eine Flugdienstuntauglichkeit bzw. kann die Tauglichkeitsklasse 1 nicht erhalten werden, bedeutet dies auch gleichzeitig den Verlust der Fluglizenz, auch als Loss of Licence bezeichnet. Bis zur Vorlage eines neuen medizinischen Attests eines Fliegerarztes darf ein Pilot nicht mehr fliegen. Erst wenn das Medical bestanden wurde, erhält der Pilot seine Fluglizenz wieder zurück.
Es kann durch bestimmte Krankheiten aber auch passieren, dass ein Pilot seine Fluglizenz dauerhaft nicht mehr zurückbekommt. Man spricht dann von einer dauernden Flugdienstuntauglichkeit, wenn es voraussichtlich zu keiner Rückkehr in den fliegerischen Dienst als Pilot kommen wird. Ähnlich wie in der normalen BU-Versicherung ist hier auf einen Prognosezeitraum von drei Jahren abzustellen.
Was bedeutet ein Lizenzverlust für die BU Versicherung?
Da ein Pilot ohne Fluglizenz nicht mehr als Pilot arbeiten darf, ist er für den Beruf des Piloten berufsunfähig, auch wenn er viele andere berufliche Tätigkeiten ausüben könnte.
Einige Tarifverträge enthalten sog. auflösende Bedingungen, was bedeutet, dass der Eintritt der dauerhaften Flugdienstuntauglich automatisch zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses führt. Als Pilot ist man ab diesem Moment arbeitslos und z.B. auf Arbeitslosengeld I oder andere Leistungen angewiesen.
Normale BU-Versicherung
Auch eine normale BU-Versicherung kann für Piloten zwar ausreichend sein, um bei einem Verlust der Lizenz durch ein nicht bestandenes Medical finanziell abgesichert zu sein. Jedoch kann es im Bedarfsfall langwierig und schwierig sein, der Versicherung gegenüber die Berufsunfähigkeit, die zu mindestens 50% vorliegen muss, nachzuweisen. Durch bestimmte Versicherungsbedingungen kann es auch zu einer Ablehnung der Leistungen aus einer „normalen“ BU-Versicherung kommen.
Die Versicherer wollen dabei z.B. genaue Aufzeichnungen aller Arbeiten, die ein Pilot unter Druck und unter Belastungen wie Schichtdienst macht oder auch im Sitzen und im Stehen. Außerdem muss man bei einer Berufsunfähigkeit die genaue gesundheitliche Einschränkung nachweisen und warum diese dazu führt, die berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben zu können bzw. zu dürfen.
Lesen Sie hier wie Ihnen ein Fachanwalt für Versicherungsrecht vor, während und nach der Beantragung von Leistungen bei Ihrem privaten Berufsunfähigkeitsversicherer unterstützen kann und welche Fehler Sie unbedingt vermeiden sollten, damit Ihr Leistungsantrag nicht abgelehnt wird.
Spezielle BU-Versicherung für Piloten
Hat man eine BU-Versicherung mit einer Loss-of-Licence-Klausel oder eine spezielle Loss-of-Licence-Versicherung abgeschlossen und ist man in Sinne der Versicherungsbedingungen auch tatsächlich berufsunfähig, erhält man in einem solchen Fall eine BU-Rente bis zum Eintritt des Endalters der Versicherung oder der Pensionierung oder bis zu einer beruflichen Neuorientierung.
Bei der spezialisierten Loss-of-Licence-Versicherung bzw. einer BU-Versicherung mit einer entsprechenden Klausel reicht es für den Fall der Berufsunfähigkeit bereits aus, dass durch ein nicht bestandenes Medical die Fluglizenz eines Piloten erloschen ist. Betroffene Piloten ersparen sich ein langes Prüfverfahren und erhalten schneller und garantiert die vereinbarten BU-Leistungen.
Je nach abgeschlossenem Vertrag und den zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen zahlen die Versicherer bereits dann die Leistung, wie eine BU-Rente, aus, wenn eine Flugdienstuntauglichkeit von mindestens sechs Monaten durch den Fliegerarzt bescheinigt wurde.
Was führt zur Fluguntauglichkeit?
Damit ein Berufspilot als solcher arbeiten darf, benötigt er eine gültige Lizenz und ein Flugtauglichkeitszeugnis mit dem Erhalt der Tauglichkeitsklasse 1. Der Verlust der Tauglichkeitsklasse 1 führt sofort zum Erlöschen der Fluglizenz. Fehlt eins dieser beiden Dokumente, darf ein Pilot nicht fliegen.
Dies bedeutet, dass ohne gültiges Medical der Tauglichkeitsklasse 1 Piloten nicht fliegen dürfen. Dabei gibt es Krankheiten, die eine Tätigkeit als Pilot ausschließen. Dies sind z.B.:
- Koronare Herzkrankheit
- Myokardinfarkt
- niedriger und hoher Blutdruck
- Asthma bronchiale sowie Krankheiten mit eingeschränkter Lungenfunktion
- Colitis ulcerosa
- Morbus Crohn
- Diabetes mellitus mit Insulinpflichtigkeit
- Schilddrüsenüberfunktion
- Nierensteine
- Brüche der Bauchdecke (Hernien)
- Fehlsichtigkeit bis zu -6/+5 Dioptrien
- Störung der Farbwahrnehmung
- Krankheiten die zur Funktionseinschränkung des Bewegungsapparates führen
Was wird bei einer fliegerärztlichen Untersuchung untersucht?
Berufspiloten müssen je nach ihrem Alter entweder alle 12 Monate oder ab der Vollendung des 60. Lebensjahres alle sechs Monate zu einer fliegerärztlichen Untersuchung, auch Medical genannt, für den Erhalt der Tauglichkeitsklasse 1. Die Erstuntersuchung muss in einem flugmedizinischen Zentrum (AeMC = Aero Medical Center) stattfinden.
Bei der Erst- und Folgeuntersuchungen werden u.a. folgende Untersuchungen durchgeführt (z.T. in bestimmten Zeitabständen oder nur bei der Erstuntersuchung): augenfachärztliche Untersuchung sowie Farberkennung, Audiometrie, Lungenfunktionstest, EKG, Laboruntersuchung Urin und Blut, mentale Gesundheit, Drogen-/Alkohol-Screening, abschließende fliegerärztliche Untersuchung.
Was sollten Piloten bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung beachten?
Bei dem Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung sollten Piloten vor allem auf spezielle, auf ihren Beruf und die Besonderheiten des Berufs, zugeschnittene Versicherungen achten, die auch einen Lizenzverlust durch Flugdienstuntauglichkeit beinhalten. Dabei ist im Wesentlichen darauf zu achten, inwieweit die Loss-of-Licence-Klausel die zugrundeliegenden BU-Versicherungsbedingungen modifizieren oder diese ersetzen.
Risikoausschluss von psychischen Krankheiten
Ersetzt die Loss-of-Licence-Klausel z.B. die Versicherungsbedingungen für den Eintritt der Berufsunfähigkeit vollständig, zahlt die BU-Versicherung im Versicherungsfall die BU-Leistung nur dann aus, wenn ein Lizenzverlust durch Flugdienstuntauglichkeit i.S.d. Loss-of-Licence-Klausel eingetreten ist.
Ist man aber z.B. wegen psychischer Erkrankungen wie Depressionen nicht mehr in der Lage, seinen Beruf als Pilot auszuüben, könnten solche Ersetzungsklauseln nachteilig sein, weil dies kein Lizenzverlust durch Flugdienstuntauglichkeit ist. Zu beachten ist in solchen Fällen daher, dass auch psychische Erkrankungen, die zu einem Großteil die Berufsunfähigkeit von Piloten ausmachen, in den Versicherungsbedingungen abgedeckt sind.
Problematisch kann es auch sein, wenn man als Pilot zwar in einem Medical nicht mehr die Tauglichkeitsklasse 1 erreicht, jedoch geringere Tauglichkeitsklassen. Deshalb sollte dabei auch darauf geachtet werden, dass die BU-Versicherung auch dann leistet, wenn bereits die Tauglichkeitsklasse 1 nicht mehr erreicht wird.
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Verweisungsklauseln vermeiden
Vorsicht geboten ist auch bei sog. Verweisungsklauseln. BU-Versicherungen sollten auf eine abstrakte Verweisung verzichten. Ansonsten könnten Piloten auch auf andere berufliche Tätigkeiten verwiesen werden, die auch ohne Flugdiensttauglichkeit ausgeübt werden können. Wird auf die konkrete Verweisung ebenso verzichtet, erhält man als berufsunfähiger Pilot auch dann eine BU-Rente, wenn man einen anderen Beruf ausübt.
Nach Möglichkeit sollte die abzuschließende BU-Versicherung daher gänzlich auf die Verweisung verzichten.
Drohende Versorgungslücke durch Leistungsdauer bzw. Endalter
Ein weiteres Merkmal, auf das man bei Abschluss einer BU-Versicherung achten sollte, ist die Leistungsdauer. Es gibt BU-Versicherungen, die lediglich bis zum 55. Lebensjahr leisten. Dies bedeutet, wenn man nach dem 55. Lebensjahr flugdienstuntauglich wird, würde die Versicherung keine Leistung mehr auszahlen. Doch hier droht eine Versorgungslücke bis zum Eintritt der Pensionierung, der zu großen finanziellen Einbußen und Unsicherheiten führen kann.
Der Versicherungsschutz sollte sich daher mindestens bis zum 60. Lebensjahr oder im besten Fall auch bis zum 63. oder 65. Lebensjahr erstrecken.
Good-Will-Klausel vermeiden
In einigen Versicherungsbedingungen wird der Leistungseintritt der BU-Versicherung darauf beschränkt, dass der versicherte Pilot noch bei der gleichen Fluggesellschaft beschäftigt ist, wie zum Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses. Wechselt man nun den Arbeitgeber, kann es passieren, dass die Versicherung die Leistung aus diesem Grund verweigert.
Man würde in diesem Fall weiterhin in eine BU-Versicherung einzahlen, deren Leistung man lediglich aufgrund des Arbeitgeberwechsels nicht in Anspruch nehmen könnte.
Zwar bieten Versicherer bei solchen Klauseln an, bei einem Arbeitgeberwechsel erneut zu prüfen, ob die BU-Versicherung weitergeführt werden kann, meist ist dies allerdings mit einer neuen Risikoprüfung oder Gesundheitsprüfung verbunden.
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